Sascha Fiek kritisiert den Einsatz des Erbbaurechts als Instrument der Haushaltspolitik. Die Stadt möchte kein Eigentum aufgeben, sondern stattdessen die eigenen Flächen mehrfach verkaufen, ohne sie abzugeben. Die Zinssätze, die jetzt beschlossen wurden, sind zwar besser als zuvor, im gegenwärtigen Umfeld allerdings noch immer Wucher.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Das Erbbaurecht war wie schon erwähnt einst Teil des Aufstiegsversprechens der sozialen Marktwirtschaft. Menschen mit geringeren Einkommen bekamen im Rahmen der Sozialpolitik die Chance, den Traum vom eigenen Haus zu realisieren. Gegeben wurde damals auch die Zusage, später für die eigene Familie langfristig Werte zu schaffen durch einen möglichen Ankauf der Grundstücke, wenn dies durch die Verbesserung der finanziellen Situation möglich würde. Damals standen die Bedürfnisse und Wünsche der einzelnen Menschen und Familien noch im Vordergrund.
Heute hingegen ist das Erbbaurecht ein Instrument der Haushaltspolitik. Während wir die FSB mit üppigen Finanzmitteln ausstatten, um Mieten hochgradig zu subventionieren, sollen Erbbaurechtsnehmer künftig in erster Linie die städtischen Finanzen stabilisieren.
Dabei hat die Verwaltung tief in die Trickkiste gegriffen. Vor allem die Ablöse erfreut das Herz des Kämmerers. Er kann damit das Grundstück gleich mehrfach verkaufen und trotzdem Eigentümer bleiben. Er kann heute ein Haushaltsloch stopfen und in 75 Jahren das gleiche nochmal tun. Das funktioniert aber nur, wenn in der langen Zeit dazwischen keine neuen Haushaltslöcher produziert werden.
Die Stadt begibt sich damit auf den Pfad privater Investoren. Nicht mehr der soziale Aufstieg, sondern das Erwirtschaften von Geld ist das Ziel des Erbbaurechts – schon ein Blick auf das Verhältnis von aktuellen Kapitalmarktzinsen zu Erbbauzinsen zeigt, warum das so ist.
Gleichzeitig muss man aber auch sagen, dass die Verwaltung durchaus erkannt hat, dass die bisherigen Konditionen nicht tragbar waren – bei privaten Investoren würde man von Wucher sprechen. Darauf wurde reagiert und mit dem nun hinreichend bekannten Bündel an Maßnahmen wurden die größten Härten abgemildert. Und auch durch die Flexibilisierung bei den Laufzeiten lassen sich im besten Fall finanzielle Schieflagen bei den Betroffenen vermeiden.
Das alles macht das neue Erbbaurecht in Freiburg zwar nicht wirklich attraktiv, aber zumindest verkraftbar. Interessant ist es jedoch in erster Linie für Familien, die z.B. aufgrund eines Erbes über einen großen Kapitalstock verfügen. Familien hingegen mit durchschnittlichen Einkommen ohne größere Rücklagen sollten lieber die Finger davon lassen, um nicht in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten.
Bedauerlich aber ist und bleibt, dass wir all diejenigen, denen wir als Stadt ursprünglich eine Zusage zum Kauf gegeben haben und dass wir all diejenigen, bei denen die Explosion der Bodenwerte zur Unverkäuflichkeit des Erbbaurechts führen, weitgehend im Regen stehen lassen. Die neuen Grundsätze verschaffen zwar etwas Linderung, aber fair ist es nicht.
Bei aller Kritik muss man aber sehen, dass Herr Gramich, Frau Recker und all die anderen Beteiligten wirklich um eine ausgewogene Lösung unter den gegebenen Bedingungen bemüht waren. Schließlich war es ja – das sollte nicht vergessen werden – der Gemeinderat, der mit seinem etwas zu allgemein gefassten Grundsatzbeschluss, aber auch mit wohnungsbaupolitischen Beschlüssen aus der Vergangenheit die Problematik überhaupt erst hervorgerufen hat.
Insofern dient die heutige Vorlage von Seiten der Verwaltung auch der Korrektur mancher Entwicklung. Daher werden wir als Fraktion der Vorlage zustimmen, würden aber jedem Erbbraurechtswilligen empfehlen, sehr genau zu prüfen, ob die Rahmenbedingungen nicht zu belastend sind und es an anderer Stelle bessere Angebote gibt.