Als Reaktion auf den auch von uns gestellten Antrag zu einem Maßnahmenpaket Innenstadt aus dem Jahr 2021 hat die Stadtverwaltung nun eine Reihe an Ideen vorgestellt. Christoph Glück drückt in seinem Redebeitrag unsere Unterstützung für diese Maßnahmen aus, mahnt aber an, dass zu oft das Prüfen und Analysieren Vorrang hat vor konkretem Handeln, das unsere Innenstadt auf die Herausforderungen der Zukunft einstellt.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Akteurinnen und Leistungsträger in der Freiburger Innenstadt.

Wir beschäftigen uns heute erneut mit der Zukunft unserer wunderschönen Innenstadt. Die Verwaltung hat uns eine Drucksache vorgelegt in der Sie in ihren Augen mit einem umfassenden Maßnahmenkatalog gegen die drohende Verödung und das weitere Absacken der Innenstadt die Qualität betreffend gegensteuern möchte. Die Drucksache und die in verbundener Debatte zusätzlich hier aufgeführten Punkte Colombipark und Temporäre Genehmigungen für Aktionen im Außenbereich sind sicherlich schöne Einzelmaßnahmen; sie alle retten aber unsere Innenstadt nicht.

So sind die vorgeschlagenen Maßnahmen zwar wichtig und richtig wir haben es aber wieder einmal versäumt uns mit den Ursachen zu beschäftigen, und wie wir auf die Herausforderungen reagieren sollen und müssen. Die Stadtverwaltung ist wieder einmal der Meinung, dass mit schnellen Aktionen und punktuellen Maßnahmen die Innenstadt schon gerettet werden wird. so ist die Umgestaltung des Colombiparkes sicherlich ein guter und richtiger Schritt, die Innenstadt wird hierdurch jedoch nicht gerettet. Bereits im März 2021 hatte ein interfraktioneller Antrag unter dem Titel „Maßnahmenkatalog Kultur Handel Tourismus“ Sofort-Maßnahmen für die Freiburger Innenstadt vorgeschlagen. Ich greife bewusst einen kleinen aber in meinen Augen wichtigen Punkt des interfraktionellen Antrages heraus, weil er bezeichnend dafür ist, was seit nunmehr über einem Jahr passiert oder auch nicht passiert ist. Das Thema Begrünung der Innenstadt. Auf Seite 11 der damaligen Drucksache G-21/122 schreibt die  Verwaltung zu diesem Themenkomplex wie folgt:

im Rahmen der Erstellung eines Gesamtkonzeptes wird geprüft, welche weiteren Flächen und Plätze mit Begrünung und Möblierung neben den nachfolgenden dargestellten Maßnahmen aufgewertet werden können.

Heute, ein gutes Jahr später liest sich das Ganze dann in der aktuellen Drucksache unter Punkt 2.2 wie folgt:

auf der Basis einer kritischen Analyse des Bestandes soll ein aufeinander abgestimmtes Konzept entwickelt werden, das sowohl Potentiale für eine zusätzliche Begrünung der Innenstadt wie auch Ansätze für eine weitergehende Steigerung der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum der Innenstadt aufgezeigt.

Vom Satzbau einmal abgesehen, sind diese beiden Aussagen für mich und meine Fraktion bezeichnend. Die Verwaltung prüft und analysiert kritisch. Wir schlagen vor: einfach machen, das Elsass mit Colmar und Straßburg oder auch Kaysersberg und Ribauville machen es vor wie es gehen kann. Und auch diese Städte können barrierefrei!! Prüfen und analysieren wir also weiter, die Innenstadt retten wir so sicherlich nicht.

Nun ist unserer Fraktion durchaus bewusst, dass wir mit einer Begrünung der Innenstadt diese nicht retten, aber das Beispiel zeigt deutlich, dass wir uns nicht in Einzelmaßnahmen – und seien sie noch so begrüßenswert, wie beispielsweise die geplanten Konzerte am Freiburger Münster ab 2023 – verlieren dürfen oder gar meinen, hiermit die Innenstadt wiederzubeleben. Es sind wichtige und richtige Maßnahmen, die aber von tiefgreifenden Überlegungen und Maßnahmen flankiert und begleitet werden müssen.  

Das von der FWTM und dem Stadtplanungsamt durchgeführte Kolloquium Freiburger Innenstadt war in diesem Zusammenhang ein in unseren Augen erster wichtiger und richtiger Schritt. Wir vermissen hier jedoch die konsequente Fortführung dieses Denkformates hin zu einem Entscheidungsformat. Die Schlagzahl muss hier deutlich erhöht werden. Andere Städte sind hier schon deutlich weiter und auch konsequenter im Handeln. Sie analysieren mutig und beherzt ihre Innenstädte und sammeln dabei interessante und wichtige Erkenntnisse. Ein solcher Prozess wird in Städten wie bspw. Dortmund, Köln oder Coesfeld von einem Citymanagement begleitet und aufgearbeitet. Ein solches Management haben wir in Freiburg wieder einmal nicht, immerhin aber einen Innenstadtkoordinator, der eine solche Aufgabe alleine natürlich nicht stemmen kann. Aber vielleicht wird ja aus dem Pflänzchen des Innenstadtkoordinators zeitnah ein Citymanagement, dass seinen Namen dann auch verdient.

In Dortmund bspw. wurden im Zuge der Implementierung eines Citymanagement die Quartiere der Dortmunder City in einem ersten Schritt identifiziert und danach einzeln fokussiert analysiert. Für jedes Quartier wurde ein ökologischer, ökonomischer, sozialer, kultureller und emotionaler Vermögenswert analysiert und definiert. Somit wurde eine strategische Positionierung der Quartiere und damit der gesamten City vorgenommen und erarbeitet. Mit dieser sicherlich auch auf Freiburg übertragbaren Herangehensweise hat die Stadt Dortmund die zukünftige Organisationsstruktur und die Aufgabenfelder ihres Citymanagements erfolgreich erarbeitet. Sollten wir also unsere Innenstadt vielleicht nicht auch viel stärker in Quartieren denken? Die Herangehensweise finde ich jedenfalls äußerst interessant und auf unsere Innenstadt sicherlich anwendbar.

Die Stadt Dinslaken hat sich ebenfalls professionelle Unterstützung bei der Erstellung ihres Masterplanes für ihre Innenstadt eingeholt. Hier stellte man sich die Frage, ob der Einzelhandel als Leitbranche der Innenstadt weiterhin funktionieren wird und welche Rahmenbedingungen hierfür nötig sind. Der Masterplan Innenstadt soll sich auf die Herausforderungen der Zukunft fokussieren und sich inhaltlich auf die Funktionen der Innenstadt konzentrieren. die mit der Erarbeitung beauftragten Experten der Beratungsgesellschaft Stadt und Handel analysierten anfangs die Bestandsstruktur gefolgt von der Analyse der städtebaulichen und funktionalen Qualität sowie der Markenqualität in den Zentren der Innenstadt. Aus den Analysen der Handlungsfelder zogen die Experten jeweils Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken. Auch hier wurde die Innenstadt in Quartieren definiert und analysiert, jedes Quartier wurde dabei mit passenden Attributen versehen.

Die Beispiele zeigen somit deutlich, dass es mehr Bedarf als nur die Aufzählung von sicherlich wichtigen und richtigen Einzel-Maßnahmen. Was wir in Freiburg  dringend brauchen, ist ein professionell begleiteter Prozess, der schonungslosen und vielleicht auch stellenweise unbequemen Analyse, die Erarbeitung eines Masterplanes Innenstadt mit Hilfe externer Experten und in diesem Zusammenhang die Etablierung eines funktionierenden Citymanagements, das dann nach erfolgter Aufgaben- und Zieldefinition an die Arbeit gehen kann. Die Freiburger Innenstadt ist komplex und schön, sie ist ein Juwel. Sie und die in der Innenstadt aktiven Akteure und Leistungsträger verdienen unsere konkrete Aufmerksamkeit und damit verbunden eine neue Wertschätzung, die es in der Vergangenheit so nicht gab, die es nun aber unbedingt braucht, denn unsere Innenstadt ist es Wert, sich ihr anzunehmen und sie fit für die Zukunft zu machen.