Unsere Fraktion hat sich gegen die Pläne der Verwaltung ausgesprochen, eine Verpackungssteuer ohne seriöse Grundlage auf den Weg zu bringen. Es drohen Zusatzkosten bei Nahrungsmitteln, neue finanzielle Belastungen für Gastronomiebetriebe und mehr Bürokratie. Ausgangslage, Durchführung und mögliche Effekte sind noch völlig unklar. Daher gibt es von uns an der Stelle keinen Persilschein für die Verwaltung. In seiner Rede im Gemeinderat führte der Fraktionsvorsitzende, Sascha Fiek, dazu aus:

Verehrter Herr Oberbürgermeister, 

liebe Kolleginnen und Kollegen,

wer in Zeiten hoher Inflation, schwächelnder Konjunktur und nach Jahren schwindender Kaufkraft eine neue Steuer einführen will, der sollte zuvor sehr genau hinschauen, ob eine solche Maßnahme geboten, legitim und wirksam ist. 

Schließlich reden wir hier nicht über Peanuts. Beispielsweise soll ein einfacher Döner im Preis um immerhin grob 7% steigen. Und das, obwohl es an der Stelle nicht einmal eine passende Mehrwegalternative gibt. Wer also künftig einen Döner kauft, zahlt einfach nur mehr, ohne dass zwingend eine Vermeidung von Müll festzustellen wäre. Gerade für Menschen mit kleinem Geldbeutel ist das ein weiterer Schlag im Rahmen der auf breiter Front gestiegenen Preise von Nahrungsmitteln. 

Dass Teile der linken Fraktionen in dieser Frage an der Seite der Verwaltung stehen, finde ich bemerkenswert. Bei Preiserhöhungen im Bereich von Schwimmbädern, Theatern oder ÖPNV sind diese normalerweise sehr kritisch, aber wenn es um Preiserhöhungen geht, die sich auf den Preis von Lebensmitteln auswirkt , dann gibt man sich da plötzlich aufgeschlossen. Das verstehe, wer will.

Schauen wir nun auf die Ausgangslage und die Frage, ob eine übergroße Menge an Einwegverpackungsmüll einen massiven Eingriff erfordert. Hier bleibt die Vorlage eine Antwort über den Ist-Zustand schuldig. 

Zitiert wird beispielsweise eine Studie aus Basel, die den Anteil des Verpackungsmülls im öffentlichen Raum berechnet. Die dafür erhobenen Daten stammen jedoch sage und schreibe aus dem Jahr 2003 und sind somit 21 Jahre alt. Glauben Sie ernsthaft, dass sich in all den Jahren nichts verändert hat?

Sie zitieren weiterhin Angaben der Deutschen Umwelthilfe über absolute Mengen, allerdings ausschließlich bezogen auf Coffee-to-go Becher. Deren Daten basieren jedoch auf einer Telefonumfrage aus dem Jahr 2015 in Berlin sowie deren eigenen Berechnungen. Die Daten sind somit nicht nur fast ein Jahrzehnt alt, auch die Hochrechnungen für andere Städte wie Freiburg sind nicht nachvollziehbar.  

Schließlich sind auch die Zahlen über den in Freiburg gesammelten Müll völlig wertlos, da nicht ansatzweise erkennbar ist, wieviel davon auf den Verpackungsmüll entfällt. 

Das alles gestehen sie in ihrer eigenen Vorlage selbst ein, ich zitiere: “Zum Verbrauch von Einwegverpackungen zur Mitnahme von Speisen und Getränken pro Kopf der Bevölkerung liegen keine ausreichenden Daten […] vor.”

Damit sind in Folge jedoch auch alle Berechnungen über mögliche Einnahmen in Ihrer Vorlage bestenfalls Kaffeesatzleserei. 

Angesichts der Tatsache, dass sie schon heute viele Stellen in der Verwaltung nicht besetzen können, stellt sich auch die Frage, woher sie eigentlich all das erforderliche Personal für die Erhebung der Steuer hernehmen, bzw. welche anderen Aufgaben sie dann liegen lassen wollen.

Und auch hinsichtlich der Auswirkungen und Effekte einer solchen Steuer herrscht bislang gähnende Leere. 

So hat der Vertreter aus der Verwaltung in Tübingen im Haupt- und Finanzausschuss eingeräumt, dass der Rückgang des Verpackungsmülls nicht quantifizierbar ist. 

Noch spannender ist die Betrachtung der Ökobilanz in einer Studie aus dem Jahr 2019 vom Umweltbundesamt. Wer sich dort durch das Kapitel 4.3 über die Ökobilanz kämpft, erfährt, wie stark es von verschiedenen Parametern abhängt, ob Mehrweg gegenüber Einweg ökobilanziell überhaupt die Nase vorne hat.

Somit gilt: Weder von der Ausgangslage her, noch von Seiten der Durchführung, noch von den Effekten her, bietet die heutige Vorlage ein solides Fundament, um leichtfertig einer neuen Steuer den Weg zu ebnen. Subjektives Empfinden darf dabei nicht vor objektiven Fakten stehen. Jede zusätzliche Belastung unserer Bürgerinnen und Bürger muss wohl überlegt und begründet sein, damit sie auf die nötige Akzeptanz trifft. Das können wir an der Stelle nicht erkennen und lehnen die Vorlage ab.