Die Verbreitung von CoViD-19 hat weite Teile unserer Gesellschaft zum erliegen gebracht. Auch Sportvereine können seit Wochen nicht ihrem Betrieb nachgehen. Dabei trifft es nicht nur Vereine der 1. Herren-Fussball-Bundesliga. Auch der Breitensport ist derzeit weitestgehend eingestellt. Beim Neustart werden viele Vereine einen Anschub brauchen. In einem offenen Brief machen wir Bürgermeister Stefan Breiter eine Reihe von Vorschlägen, wie das in Freiburg verantwortungsbewusst gelingen kann.
Nach dem Corona-Stillstand: Unterstützung für den Breitensport in Freiburg
Sehr geehrter Herr Breiter,
in diesen Corona-Zeiten kommt vieles unter die Räder: Gesundheit, soziales Leben, Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Gastronomie, Kunst – und auch der organisierte Sport. Dabei geht es nicht in erster Linie oder ausschließlich um die Fußball-Bundesliga der Herren und die Frage, wie die aktuelle Saison unter Corona-Bedingungen zu Ende gebracht werden kann. Wir müssen auch andere Sportarten als Fußball, wir müssen den Frauen-, Nachwuchs- und den Breitensport auf allen Ebenen in den Blick nehmen – und da ist die Situation prekär. Fehlende Einnahmen aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und dem Zweckbetrieb machen den Vereinen genauso zu schaffen; gemeinnützige Vereine sind in der Regel von finanziellen Hilfen ausgeschlossen. Und in Corona-Zeiten steht auch das Vereinsleben still – ein ideeller Verlust!
Corona geht dem Sport also an die Substanz; trotz guter Trainingsleistungen geht dem Sport die Puste aus. Und dagegen müssen wir etwas tun. Für Freiburg schlagen wir daher Folgendes vor:
- Ein Hilfsfonds kann finanzielle Unterstützung für den Sport und die Vereine leisten, die ihn tragen. Er kann Deckungs- und Liquiditätslücken überbrücken, wo sonst keine andere Unterstützung möglich ist. Die Beteiligung von Profivereinen an diesem Fonds wäre ein Zeichen der Solidarität mit dem nicht-professionellen Sport. Der Hilfsfonds kann zum Beispiel unterstützen, wenn es um funktionierende Hygienekonzepte in Sportstätten im Zuge der weitere Öffnung des Lockdowns geht; wenn digitale Ergänzungsangebote zum regulären Trainings- und Übungsbetrieb entwickelt werden müssen; oder wenn Trainer und Mitarbeiter in Vereinen von ausbleibenden finanziellen Zuwendungen und damit auch in ihrer sozialen Absicherung (z.B. Beiträge zur Verwaltungs- und Berufsgenossenschaft) betroffen sind.
- Das Stadtjubiläum lebt von der Idee des Zusammenhalts und der Beteiligung der Bevölkerung; es wird ganz wesentlich von Vereinen – auch von Sportvereinen – getragen. Wenn wir auch künftig ein vielfältiges Vereinsleben und aktiven Sport in der Stadt wollen, müssen wir diese jetzt fördern. An dieser Stelle bietet es sich an MIttel zu verwenden, welche für Veranstaltungen im Rahmen des Stadtjubiläums eingeplant waren, die nunmehr aufgrund der gegenwärtigen Pandemie nicht stattfinden können. Auch das ist ein Zeichen des Zusammenhalts der Stadtgesellschaft; freiwerdende Mittel können über den Hilfsfonds noch im Jubiläumsjahr verwendet werden.
- Hygienekonzepte sind nach aktuellem Stand der Dinge entscheidend dafür, dass der Sport wieder eine tragfähige Basis findet. Hier kann die Stadt Freiburg aktiv fördernd tätig werden: Sie kann bei der Qualifizierung der nunmehr geforderten „Hygienebeauftragten“ in den Vereinen finanziell und methodisch – etwa durch (multimediale) Qualifizierungsbausteine – helfen; und sie kann in Zusammenarbeit mit Experten Lösungsansätze durch Handreichungen und ein schnell einsetzbares „Hygiene Starter Kit“ entwickeln. Erfahrungen aus dem Profisport können sicher wertvolle Anregungen liefern; aber dieser Transfer kann auf kommunaler Ebene – und in Ergänzung zu dem, was die jeweiligen Sportverbände leisten – zusätzlich unterstützt werden.
- Vereine kommen durch den Wegfall wichtiger Einnahmequellen finanziell unter Druck. Die Stadt Freiburg kann diesen mindern, indem sie Mieten und Gebühren für Nutzung von Hallen aussetzt bis sich die Lage wieder normalisiert.
- Die Bäder sind geschlossen, die Freibadsaison so ungewiss wie der übliche Badeurlaub am Meer. Wenn der gewohnte Massen- und Vergnügungsbetrieb nicht oder nur eingeschränkt möglich ist, kann eine kontrollierte Öffnung der Bäder durchaus Raum für strukturierte Kursangebote und die Schwimmförderung in allen Altersgruppen schaffen. Wir können die Zeit für diese wichtige Aufgabe nutzen; die Verwaltung sollte diese Möglichkeit zusammen mit den Vereinen prüfen.
- Und nicht zuletzt: Auch in der aktuellen Situation darf nicht nur kurzfristig gedacht werden; wir müssen jetzt und mit der aktuellen Erfahrung auch die Grundlagen für die weitere Entwicklung des Sports in Freiburg schaffen. Ein Konzept für die erfolgreiche Verbindung von Spitzensport und Breitensport in seiner ganzen Vielfalt und an geeigneten Standorten in Freiburg wäre ein positives Signal in einer sicher nicht einfachen Zeit für den Sport.
Unsere Sorge gilt an dieser Stelle dem Sport. Die Vorschläge sind jedoch nicht exklusiv für den Sport gedacht, schon gar nicht in Konkurrenz zu anderen Bereichen des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens und zu Vereinen, die dieses tragen. Aber im Zuge der Diskussion um die Fortsetzung der aktuellen Bundesliga-Saison und die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit von Profivereinen, um Geisterspiele, Fernsehgelder und Corona-Tests für Fußballprofis – im Zuge dieser Diskussion halten wir es für wichtig, den Blick zu weiten und den Sport als Ganzes und in seiner ganzen Vielfalt in den Blick zu nehmen. Die Vorschläge sind in diesem Sinne als Diskussionsbeitrag zu werten.
Mit freundlichen Grüßen,