In einem Schreiben an die Landesregierung haben wir gemeinsam mit der Fraktion JUPI dazu aufgefordert, bestehende Lücken in der Gemeindeordnung zu schließen um digitale Gremiensitzungen auch im Freiburger Gemeinderat möglich zu machen. In ihrer Antwort sieht die Landesregierung derzeit keinen Handlungsbedarf, und sieht in der Gemeindeordnung die Bedingungen für digitale Gremiensitzungen erfüllt. Damit widerspricht das Innenministerium der Einschätzung des Freiburger Rechtsamts, welches die Grundlagen für digitale Sitzungen derzeit noch nicht für gegeben hält.

Die Antwort des Innenministeriums als PDF

Rechtssicherheit bei der digitalen Gremienarbeit gemäß § 37a der Gemeindeordnung

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 18.11.2020. Herr Minister Strobl hat die für das Kommunalrecht zuständige Fachabteilung gebeten, Ihnen zu antworten.

In Ihrem Schreiben stellen Sie dar, dass die fehlende Rechtssicherheit von im Rahmen der digitalen Gremienarbeit gefassten Beschlüssen ein zentrales Problem sei. Dabei verweisen Sie unter anderem auf mögliche technische Verbindungsprobleme, die zur Anfechtbarkeit von Beschlüssen führen könnten.

Dass im Rahmen digitaler Sitzungen technische Schwierigkeiten auftreten können, steht außer Frage. Zwar hat für die Funktionsfähigkeit der eingesetzten technischen Systeme die Gemeinde in ihrem Verantwortungsbereich Sorge zu tragen. Die Funktionsfähigkeit der Endgeräte und der Internetzugänge im häuslichen oder sonst privaten Bereich der jeweiligen Gremienmitglieder ist dem Einfluss der Gemeinde aber zumindest teilweise entzogen.

Sollte aufgrund technischer Probleme im Verantwortungsbereich der Gemeinde ein einzelnes Gremiumsmitglied an einer Sitzung bzw. an einem Teil der Sitzung nicht teilnehmen können, kann dies auch Auswirkungen auf die Wirksamkeit von Beschlüssen haben. Grundsätzlich gilt, dass ein Gremiumsmitglied, das wegen technischer Schwierigkeitennicht an einer Sitzung teilnehmen kann, zu dem entsprechenden Zeitpunkt als nicht anwe-

send gilt und daher insoweit nicht an der Beschlussfassung mitwirken kann. Für die Beschlussfähigkeit und die Antrags- und Beschlussmehrheiten gilt insofern nichts Anderes als für den Fall, dass ein Gremiumsmitglied aus tatsächlichen Gründen nicht an einer Präsenzsitzung teilnehmen kann. Daraus folgt aber auch, dass der ohne die Mitwirkung des nicht teilnehmendenn Gremiumsmitglieds gefasste Beschluss nicht allein deshalb rechtswidrig ist.

Den durch die technischen Risiken bestehenden Unwägbarkeiten kann durch ein situationsangepasstes Vorgehen des jeweiligen Vorsitzenden und des Gremiums Rechnung getragen werden. So kann etwa bei Abstimmungen durch Aufruf der einzelnen Mitglieder sichergestellt werden, dass etwaige technische Probleme erkannt und behoben werden können. Durch telefonische Erreichbarkeit des Vorsitzenden (oder einer Mitarbeiterin / eines Mitarbeiters) kann außerdem dafür Sorge getragen werden, dass technische Probleme jederzeit mitgeteilt werden können. In diesem Fall könnte bis zur Behebung der technischen Schwierigkeiten zunächst z. B. eine Sitzungspause in Erwägung gezogen werden. Ggf. kommt auch eine Vertagung in Betracht, insbesondere, wenn sich bei anstehenden Abstimmungen ein knapper Ausgang abzeichnet oder eine Angelegenheit von besonderer Bedeutung behandelt wird.

Die Unterscheidung von Gegenständen einfacher Art und anderen Gegenständen ist im Übrigen nicht neu und wirft in der Praxis der Gemeinden keine zusätzlichen Fragen auf.

Schon vor Einführung des § 37a der Gemeindeordnung (GemO) konnte über Gegenstände einfacher Art im Wege der Offenlegung oder im schriftlichen oder elektronischen Verfahren beschlossen werden (§ 37 Abs. 1 Satz 2 GemO). Die Beschlussfassung im
Rahmen einer digitalen Sitzung bietet hier lediglich eine weitere Möglichkeit.

Eine Anpassung des § 37a GemO ist derzeit nicht beabsichtigt. Ich darf Ihnen jedoch versichern, dass das Innenministerium auch künftig die weitere Entwicklung im Zusammenhang mit der Neuregelung des § 37a GemO sehr sorgfältig beobachten und begleiten wird.

Mit freundlichen Grüßen
i. V. Dr. Michael Pope