Der Gemeinderat der Stadt Freiburg debattiert heute die polizeiliche Kriminalstatistik, den aktuellen Sachstand der Sicherheitspartnerschaft mit dem Land Baden-Württemberg, sowie aktuelle Berichte zur Straßensozialarbeit, der Kommunalen Kriminal- und Suchtprävention und dem Gemeindevollzugsdienst. Für unsere Fraktion steht hier der Balanceakt zwischen der Verbesserung des Sicherheitsgefühls der Bürger*innen und der Aufrechterhaltung der Bürgerrechte im Vordergrund.

Die Rede von Sascha Fiek im Wortlaut:20200527 Redebeitrag Sicherheit

Wenn es um das Spannungsfeld aus Sicherheit und Freiheit geht, dann kann man sich quasi in allen politischen Strömungen auf eine intensive und hoch emotionale Debatte gefasst machen, weil hier die Grundfesten unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens berührt sind. 

Da sind diejenigen, die Angst um ihre Sicherheit haben und bereit sind, Freiheiten zugunsten stärkerer Überwachung und Kontrolle zu opfern und auf der anderen Seite sind die, die Angst um ihre Freiheit haben und sich von staatlicher Repression bedroht fühlen. 

Eine Auflösung dieses Spannungsfeldes kann und wird es vermutlich niemals geben. Aufgabe und Verantwortung der politischen Akteure ist es vielmehr, im Diskurs eine Balance zu finden, die beiden Seiten gerecht wird, ohne sie wirklich befriedigen zu können.

Auch für mich ganz persönlich waren die Entscheidungen über die Einführung zum ehemaligen KOD, dem heutigen KVD die schwierigsten, die ich zu treffen hatte, weil sie in gewisser Weise immer auch eine Wahl zwischen Pest und Cholera waren.

Ich bin auf der einen Seite froh, dass wir heute mit Fug und Recht sagen können, dass Freiburg noch sicherer geworden ist – ich habe es ein Leben lang nie als wirklich unsicher empfunden – Ich bin auch froh, dass die zusätzlichen Maßnahmen gegriffen haben und dass der kommunale Vollzugsdienst mit der nötigen und erhofften Sensibilität ans Werk gegangen ist, was ja sogar selbst scharfe Kritiker immer wieder einräumen. 

Gleichzeitig dürfen wir nicht die falschen Schlüsse aus der positiven Entwicklung der Kriminalitätsstatistik  ziehen. Ein Mehr an Sicherheit, das wir gewonnen haben, heißt nicht, dass wir beliebig weitermachen dürfen mit Maßnahmen, denen wir einen vermeintlichen Sicherheitsgewinn zuschreiben. Wir dürfen bei allem, was wir unternehmen, nie die persönliche Freiheit der Menschen aus dem Blick verlieren. 

Eine Videoüberwachung beispielsweise, die mit automatisierter Bilderfassung arbeitet und Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz nutzt, wäre das Ende der persönlichen Freiheit, wie wir sie heute noch kennen. Dazu muss man nicht nur das social scoring in China als Beispiel bemühen. Mir reichen schon die Experimente in Berlin, die Unbehagen bereiten.

Blicken wir nochmal auf die Fakten. Freiburg ist objektiv auf breiter Front sicherer geworden und das ist gut so. Kernthema ist und bleibt die subjektive Sicherheit respektive die Kriminalitätsfurcht. Hier gilt es in erster Linie, wieder positive Botschaften in die Bevölkerung zu senden, um Verunsicherungen entgegen zu wirken.

Erbärmlich und unerträglich wird es hingegen, wenn politische Akteure, die unsere Freiheit und unsere Demokratie attackieren, die Kriminalitätsfurcht in der Bevölkerung schüren, um politischen Gewinn daraus zu schlagen. 

Die demokratischen Kräfte dürfen sich, bei aller Unterschiedlichkeit in Fragen der Sicherheit, nicht soweit auseinander dividieren lassen, dass die andere Seite daraus Profit schlagen kann. Ich hoffe darauf, dass die meisten Stadträt_innen im Gemeinderat zusammen mit der Verwaltungsspitze das Signal senden, dass uns die Sicherheit der Menschen am Herzen liegt, dass wir – gerne auch leidenschaftlich – miteinander ringen und abwägen, was dafür erforderlich ist, Sicherheit zu gewährleisten, ohne die Freiheit aus dem Auge zu verlieren und dass wir Erfolge vorweisen können. Ordnungswidrigkeiten, Straftaten, Verbrechen und schreckliche Verbrechen gab und gibt es zu allen Zeiten und in allen Teilen der Welt. Verbrechen lassen sich aber nicht einer Nationalität, einem Alter, einem Geschlecht oder einem sozialen Status zuschreiben, sondern sie sind Teil des menschlichen Zusammenlebens. Verhindern lassen sie sich am ehesten auf präventivem Wege und nicht durch Androhung von Repression. Bildung, soziale und finanzielle Stabilität, kulturelle Kommunikation oder die Schaffung von Zukunftsperspektiven sind Aspekte, zu denen wir auch kommunal im Rahmen der Prävention beitragen können. Man kann Straftaten nie komplett auslöschen, aber auf diese Weise zumindest verringern. 

Wir sind weit auf dem Weg der Sicherheit gegangen und unsere Fraktion hat die dazugehörigen Entscheidungen in der Vergangenheit allesamt mit getragen. Aus unserer Sicht haben wir derzeit die nötige Balance, die es nun zu bewahren gilt. Die Notwendigkeit für weitere Schritte sehen wir derzeit nicht und auch was die Videoüberwachung anbelangt, sollten wir nochmal alle in uns gehen und uns fragen, ob wir diese wirklich benötigen. Freuen würde ich mich, wenn die positive Entwicklung anhält und wir uns nach der Vorlage der Statistiken in den nächsten Jahren eher fragen können, welche Bausteine wir vielleicht nicht mehr brauchen. 

In diesem Sinne nehmen wir die Informationsvorlagen so zustimmend wie wachsam zur Kenntnis und hoffen bis zum Schluss, dass die weitere Debatte sachlich geführt wird.