Zusammenfassung:
Die aktuelle Vorlage zur Ladeinfrastruktur in Freiburg ist nicht ambitioniert genug, um die selbst gesteckten Klimaziele der Stadt erreichen zu können. Die Verantwortung für den Wandel wird unrechtgefertigt an private Akteure abgegeben. Damit verpasst die Verwaltung eine entscheidende Chance für eine sozial gerechte und ökologisch notwendige Verkehrswende. Besonders die fehlende städtische Initiative beim Ausbau öffentlicher Ladepunkte sowie das Ignorieren innovativer Konzepte wie „Vehicle to Grid“ zeigen wie unambitioniert und belanglos die Vorlage ist.
Drei zentrale Kritikpunkte:
- Fehlende Zukunftsperspektiven wie Vehicle-to-Grid: Innovative Konzepte, die Elektroautos als Bestandteil der Energiewende nutzen könnten, werden in der Vorlage komplett ignoriert.
- Zu geringe städtische Initiative beim Ausbau öffentlicher Ladeinfrastruktur: Die Verwaltung überlässt den Ausbau weitgehend dem privaten Sektor, anstatt selbst steuernd und fördernd einzugreifen.
- Soziale Schieflage bei der Verkehrswende: Ohne ausreichend öffentliche Ladepunkte werden bestimmte Bevölkerungsgruppen – wie Rentner oder Menschen ohne eigenen Stellplatz – vom Umstieg auf Elektromobilität ausgeschlossen
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
wenn Freiburg auch nur annähernd seine selbst gesteckten Klimaziele erreichen möchte, bedarf es außergewöhnlicher Anstrengungen. Dazu gehört insbesondere, die Verkehrswende – und eng damit verknüpft – die Transformation hin zu einem elektrifizierten Individualverkehr voranzutreiben. Doch gerade bei der so wichtigen Elektromobilität bleiben wir weit hinter unseren eigenen Ansprüchen zurück. Die heutige Vorlage empfinden wir als enttäuschend unambitioniert.
Obwohl die Verwaltung in anderen Bereichen – etwa im Bauwesen oder im Klimaschutz – gerne steuert, reguliert und staatliche Lenkungswirkung entfalten möchte, überlässt sie ausgerechnet den Bereich der Ladeinfrastruktur weitgehend dem privaten Sektor. In der Vorlage wird sogar das Signal vermittelt, dass der Ausbau von Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum eher kritisch gesehen wird. Wer einen Blick auf den Verfahrensablauf zur Errichtung einer Ladesäule wirft, fühlt sich eher abgeschreckt als eingeladen.
Dabei brauchen wir aus unserer Sicht – allein schon aus psychologischen Gründen – gerade im öffentlichen Raum deutlich mehr Ladepunkte als das in der Vorlage vorgesehene Mindestmaß. Der Umstieg auf Elektroautos scheitert für viele Menschen nicht nur an den Anschaffungskosten, sondern auch an der Sorge, es gebe zu wenige Lademöglichkeiten.
Eine hohe Anzahl privater und halböffentlicher Ladepunkte allein hilft da nicht weiter. Private Ladepunkte, zum Beispiel auf Firmenparkplätzen, sind für viele Menschen schlicht nicht zugänglich. Halböffentliche Ladepunkte, etwa in Form von Schnellladesäulen auf Parkplätzen des Einzelhandels, sind häufig sehr teuer und kosten schnell das Doppelte im Vergleich zum Laden an der heimischen Wallbox.
Der Umstieg auf Elektroautos scheitert für viele Menschen nicht nur an den Anschaffungskosten, sondern auch an der Sorge, es gebe zu wenige Lademöglichkeiten.
Die Schaffung öffentlicher Ladeinfrastruktur ist daher nicht nur eine ökologische, sondern auch eine soziale Frage. Große Bevölkerungsgruppen, etwa Rentnerinnen und Rentner, werden derzeit faktisch von der Verkehrswende ausgeschlossen. Sie sind nicht mehr berufstätig, haben also keinen Zugang zu Firmenladepunkten, und können es sich oft nicht leisten, regelmäßig teure Schnellladesäulen zu nutzen. Genau deshalb wäre es so wichtig, auch mit städtischer Unterstützung über das Mindestmaß hinauszugehen, um einen echten Anreiz für den Umstieg auf Elektromobilität zu schaffen. Über die FKB oder unsere Beteiligung an der Badenova hätten wir genug Einfluss, um einen großen statt nur einen kleinen Schritt zu gehen – zumal auch die BN Netze perspektivisch mit einem deutlich höheren Bedarf rechnen als die Stadt.
Völlig unerwähnt bleiben zudem sogenannte Vehicle-to-Grid-Lösungen, die künftig einen wichtigen Beitrag zur Netzstabilisierung im Rahmen der Energiewende leisten müssen und werden. Länder wie Frankreich und England sind hier bereits weiter als wir. Für Freiburg hätten wir uns zumindest die Ankündigung eines Pilotprojekts gewünscht – etwa im Rahmen eines Klimaquartiers – um erste Erfahrungen zu sammeln, welchen wertvollen Beitrag Elektroautos zur Energiewende leisten können.
Insgesamt wird diese Vorlage dem sonst so hohen Anspruch Freiburgs in Sachen Klimaschutz und Verkehrswende weder aus ökologischer noch aus sozialer Perspektive gerecht – weshalb wir ihr nicht zustimmen können.