Sascha’s Redebeitrag beim Event der Europaunion und von Run for Europe
Liebe Europäerinnen und Europäer,
Wenn ein Feind oder eine Bedrohung von außen kommt, dann schließen sich bekanntlich die Reihen nach Innen.
Jahrelang haben wir tatenlos zugesehen, wie negatives Framing über Europa dazu geführt hat, dass die EU quasi nur noch als ein lästiges Bürokratiekonstrukt wahrgenommen wird, obwohl Europa so viel mehr ist.
Ausgerechnet der rechtsgerichtete Autokrat Trump mit seinem Adjutanten Musk haben es nun geschafft, uns alle aus der Komfortzone zu reißen und das europäische Wachkoma zu beenden.
Plötzlich herrscht überall hektisches Treiben.
Die Financial Times titelte jüngst:
TRUMP MAKES EUROPE GREAT AGAIN
Und da ist viel dran. Denn in einem schmerzhaften Prozess machen wir uns in Europa gerade unsere Abhängigkeiten bewusst.
In den letzten Tagen ging es dabei vor allem um die Sicherheitsarchitektur. Plötzlich stellen wir uns Fragen, ob wir denn im Ernstfall ohne die USA überhaupt militärisch handlungsfähig und einsatzbereit wären. Und in atemberaubender Geschwindigkeit werden Gelder für die Verteidigung freigeschaufelt, was gestern noch undenkbar schien.
Dabei stehen wir erst ganz am Anfang. Wenn Europa Souveränität gewinnen will, dann müssen wir uns auch anderen Abhängigkeiten stellen, z.B. im Technologiesektor. Man stelle sich nur vor, was in Europa passieren würde, wenn Microsoft, Meta oder Google auf Anordnung eines Irren im Weißen Haus europäische Kunden aussperren würden. Ein solches, eigentlich absurdes Szenario ist ja angesichts der Geschehnisse kein wirkliches Hirngespinst mehr.
Wir lernen gerade, dass Europa neben militärischen Fragestellungen sich selbst in die Lage versetzen muss, seine Energieversorgung, die Entwicklung von Software, die Produktion von Hardware u.v.m. zumindest in Teilen selbst übernehmen zu können.
Das soll explizit kein Angriff auf die Globalisierung, sondern ein Plädoyer für mehr Diversifizierung sein. Schon der Lieferkettenzusammenbruch während der Corona-Pandemie oder der Angriffskrieg von Putin gegen die Ukraine haben uns vor Augen geführt, dass wir in Europa verwundbar sind.
Aber anscheinend brauchte es noch einen Trump, um uns endgültig vor Augen zu führen, dass Europa das Ruder rumreißen und in die Puschen kommen muss.
Europa muss sich nun auf seine Stärken konzentrieren und zusammenrücken. Wir brauchen wieder ein positives Narrativ über die Werte von Frieden, Freiheit und Demokratie, für die Europa steht.
Wir dürfen nicht länger zulassen, dass diese Grundfesten unseres Zusammenlebens durch nationalistische, populistische oder autoritäre Kräfte von innen und außen geschwächt werden.
Die aktuelle Krise ist eine Chance, Europa weiterzuentwickeln, neue Verträge auszuhandeln, bisherige Webfehler zu beseitigen und mehr Resilienz zu gewinnen.
Packen wir es an.
Bild-Quelle: CC BY 2.0, Donald Trump – Caricature, by DonkeyHotey, 29 December 2017